3 Şubat 2014 Pazartesi

IX.2 Die Hunde des Krieges


 IX.2 Die Hunde des Krieges









R: Originalausgabe erschienen 1974 unter dem Titel The Dogs of War, deutsche Ausgabe erstmals 1974 bei Piper. türkische Übersetzung: 1974.

Zf1: Die »Hunde des Krieges« sind fünf hochbezahlte Killer, die im Auftrag eines britschen Bergbaubosses einen minutiös geplanten Anschlag auf die westafrikanische Republik Zangaro unternehmen.Deren Präsident hat sich den Plänen des Engländers widersetzt und ihm die Abbaukonzession für einen Berg verweigert, der einem geheimen Laborbericht zu Folge Platin im Wert von zehn Milliarden Dollar birgt. Cat Shanon, einer der härtesten Männer des Kongogeschäfts, ist der Kopf der angeheuerten Söldnerclique. Das Netz des Komplotts spannt sich über die Chefetagen von Industriekonzernen und Banken, über schäbige Schieberbüros und die staubigen Straßen eines zerrütteten Staates in Afrika. Ein packender Thriller des hochkarätigen Autors.

Zf2: 30.09.1974 Politisches Sightseeing: Hellmuth Karasek über Frederick Forsyth: "Die Hunde des Krieges"

Frederick Forsyth, 36, englischer Bestseiler-Autor, veröffentlichte die Polit-Krimis "Der Schakal" (1971) und "Die Akte Odessa" (1972). Frederick Forsyths dritter Roman

rasch bp-Modell auf den Hitlisten in den USA und in Deutschland wie seine beiden Vorgänger -- enthält etwa soviel "Literatur" wie ein Berliner Schrebergarten Goldminen oder Erdölquellen. Doch während niemand, der auch nur halbwegs bei Vernunft ist, heimische Erdbeerbeete umwühlt, um ihnen unerwartete Bodenschätze zu entreißen, wehklagt die Kritik nur zu gern nach dem Durchackern von Forsyths "Hunden des Krieges", daß da kein Musil, Joyce oder Proust ans Tageslicht zu schaufeln sei. Nur zu wahr. Doch was hilft es einem Buch gegenüber, dessen Metaphern kärglich, dessen Figuren eindimensional, dessen erzählerische Selbstzweifel Null sind, und das doch offenbar Leser en masse zu Wiederholungstätern macht, was hilft es da, die alte Kulturklageleier anzustimmen und zwischen Erfolg und (normativ erwarteter) Qualität den Graben aufzureißen, um erschrocken und verstört hineinzustarren in das große Loch, in dem die Kritik die Geschmacklosigkeit und Ohnmacht des zeitgenössischen Konsumenten ansiedelt? Das wirkt ein bißchen so, als würde man in Kettenläden und Supermärkten nach dem Krämerladen seufzen, als wollte man in genormten Hähnchen- oder Hot-dog-Bratereien jammern, die gute alte Zeit, Sightseeing ist Trumpf, des Dorfkrugs sei vorbei. Sie ist vorbei, auch für Bücher. Forsyth schreibt Polit-Krimis, eine heute gut gängige Ware; sein erster Erfolg, der "Schakal", fiel mit der beunruhigten Neugier der Zeitgenossen auf politische Attentate zusammen, sein zweiter, die "Akte Odessa"' traf sich mit dem verstörten Interesse für undurchsichtige Geheimorganisationen. Und auch der dritte läßt die Kassen klingeln, weil er eine allgemeine Beunruhigung mobilisiert: die über die Auspowerung der Dritten Welt. Die Hauptschauplätze des Buches sind, erstens, eine zur Unabhängigkeit erwachte (besser: hochgetaumelte) afrikanische Kolonie und, zweitens, ein Multikonzern in England, der aus den Rohstoffen der ehemaligen Kolonie das Beste machen möchte. Dergleichen Konstellationen -- man möchte meinen, eher für Wirtschaftsteile von Zeitungen oder UN-Debatten geeignet als für belletristische Mühen -- haben einen einzigen Trick nötig, damit man sie zwischen Buchdeckel pressen kann. Forsyths Trick: Er kombinierte die scheinbar kritische Zeitreportage mit dem Roman-Schema vom Superman für eine Spitzenaufgabe. Ein britischer Konzernherr hat erfahren, daß ein in Condottieri-Herrschaft und korrupt diktatorische Unabhängigkeit geratener afrikanischer Staat über riesige Platin-Vorräte verfügt. Er weiß -- und der Leser erfährt es mit aller nur wünschenswerten, nüchternen Genauigkeit -, was Platin aus technologischen und ökonomischen Gründen im Wirtschaftsgefüge der Welt bedeuten könnte. Und er weiß, daß der afrikanische Potentat, der noch nichts von seinem Platin-Reichtum ahnt, mit der Sowjet-Union liebäugeln muß, weil sie ihm, aus weltweiter Taktik, seine Selbständigkeit bewacht. Der Kapitalist heuert sich also für seine Zwecke den "besten Mann" aus der Schar der Freibeuter und Söldner an, die in Afrika gegen Geld bald für Ruhe und Ordnung, bald für Chaos und Umsturz gefochten haben. Am Ende des Buches klappt der Umsturz -- natürlich zugunsten eines bis dato exilierten Politikers. Der plötzlich edle Held jedoch durchkreuzt die Ausbeutungsabsichten seines Auftraggebers. Von Klein-Moritz-Vorstellungen über die Korruptheit der Welt hält sich Forsyths Roman sonst nicht ungeschickt frei, indem er dem Leser erklärt -- und zwar mit großer Detailversessenheit und ohne Edgar-Wallace-Dämonie -, wie man solche Geschäfte abwickelt, wie man unverdächtige Konsortien gründet, wie man Staatsstreiche unterstützt: das alles kaum "romantischer" als CIA-Aktionen in Lateinamerika oder IOS-Transaktionen in aller Welt. Sein fast einziges Zugeständnis an das Traumbedürfnis des Lesers ist die Tatsache, daß er seinen Super-Söldner so super-wirksam formt. So träumen sonst nur Stellengesuche nach Spitzenmanagern und Theaterintendanten vom Einen, der alles kann, alles macht. Sonst aber ist es Forsyths Coup, daß er mit der Vorliebe seiner Leser spekuliert, Fakten und Fiktionen austauschbar zu halten. Wir, die wir die Flut-Katastrophen und Staatsstreiche, Ölkriege und Hungersnöte wie Fiktionen ins Haus gesendet bekommen, wollen offenbar -- anders läßt sich Forsyths Erfolg nicht erklären -- die Fiktionen so verpackt, daß sie wie Fakten erscheinen: Ach ja, zwischendurch schläft "unser Held" auch noch mit der Tochter seines konzernherrlichen Auftraggebers. Winkt also wenigstens hier der gute, alte Roman-Konflikt? Keineswegs. Für die Handlung hat diese Arabeske keinerlei folgenschwere Bedeutung. Und auf solche Sätze reduziert sich ein Abschied: "Er hatte diese Nacht und auch den Donnerstag sowie die darauffolgende Nacht mit Julie verbracht. Dann packte er seine Koffer, schickte seine Wohnungsschlüssel mit ein paar erklärenden Worten an das Maklerbüro und machte sich auf den Weg." Angesichts solcher Sätze wirkt ein deutscher Erfolgsautor wie etwa Simmel als purer Troubadour. Forsyths Vorbild heißt gewiß nicht mehr Courths-Mahler. Da hat er eher gelernt, Rasierwasser-Reklamen mit Dokumentar-Features effektvoll zu mischen. Erst wurden die Auto-Anzeigen literarisch, dann der Roman zur Annonce; Aber ein Schnellimbiß ist, um heute Typisches zu demonstrieren, jeder "Alten Post" und jedem "Goldenen Rad" vorzuziehen. DER SPIEGEL 40/1974